Artworks: ... doch (nicht) für immer

Installation, Galerie Gedok Muc, 2013. Fotografie, Kassettenrekoreder, Audiokassette, Kopfhörer, Dokumente

Der Titel nimmt Bezug auf ein Hörspiel von Kalle Laar aus dem Jahre 2012, produziert vom SWR, gesendet sowohl dort als auch in einer lettischen Fassung von Radio Riga. Das Hörspiel thematisiert die traumatische Flüchtlingser- fahrung, das Gehen ins Exil, das Verlassen des Vertrauten und der Geborgenheit, den mehrfachen Grenzübergang.

Erzählt wird die Geschichte von Biruta Laar, der Mutter des Autors, die 1944 ihre Heimatstadt Riga in Lettland verließ, voller Zweifel darüber, die richtigen Entscheidungen zu treffen, ohne klar definiertes Ziel. Geboren und aufgewachsen in Lettland, war die Furcht vor den Sowjets und das Näherkommen der Front treibende Kraft, gespeist durch leidvolle Erfahrungen der Okkupationszeit vor dem Einmarsch der Deutschen ins Baltikum.

Mit zwanzig Jahren muss sie sich entscheiden, Eltern und Heimat zu verlassen, Verantwortung für ihre jüngere Schwester zu übernehmen und in das Land der ungeliebten Deutschen zu fliehen. Die Flucht führte sie von Riga über Umwege nach Liepaja / Libau, weiter ins Auffanglager Schneidemühl, dem heutigen polnischen Pila, nach Österreich und Deutschland. Der Endpunkt war München-Ludwigsfeld, wo sie eine Familie gründete und bis an ihr Lebensende wohnte.

Anhand der Tagebuchaufzeichnungen seiner Mutter vollzog der Autor Teile dieser Reise nach und folgte vor allem den verschiedenen Stationen in ihrer ursprünglichen Heimat. Sein Vater war ebenfalls Flüchtling, aus Estland, und enstammte daher einem sprachlich und mentalitätsmäßig völlig anderen Kulturkreis. Von daher wird die Auseinandersetzung mit den eigenen Wurzeln immer auch zu einem Abtasten, inwieweit die Grenzen der drei prägenden Kulturkreise (Deutschland/Bayern, Lettland, Estland) im inneren verlaufen oder sich auflösen. Die Installation greift diese Thematik auf.

Die Fotografie zeigt den Blick aufs Meer von einem Frachtschiff aus, auf der Ostsee etwa auf der Höhe von Klaipeda (früher deutsch Memel) in Litauen. Das Bild entstand auf der Reise von Kalle Laar auf den Spuren seiner Mutter, 1944 von Liepaja (Libau) nach Gdynia (im heutigen Polen, damals Gotenhafen). Auf der Kassette, über Abspielgerät und Kopfhörer zugänglich, ist die Aufnahme von Teilen des Tagebuchs, das auf losen Blättern während der Flucht von Biruta Laar geschrieben wurde, im Gegensatz zur für das Hörspiel wesentlich gekürzten Fassung die vollständige Aufnahme. Zu hören ist der Text auf deutsch und lettisch, gesprochen von den Schauspielerinnnen Ruth Geiersberger (München) und Anna Putniņa (Riga).

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